Schöne neue Arbeitswelt – Machen uns Roboter und Big Data bald die Arbeitsplätze streitig?

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Foto:pixabay.com/ rubylia

Wann immer es in einem Artikel oder Fernsehbericht um die Digitalisierung der Arbeitswelt geht, ist auch der Aufschrei aufgrund überflüssig werdender Arbeitsplätze nicht weit. Zurecht, meint zumindest der Philosoph Richard David Precht. Er geht davon aus, dass viele Menschen in naher Zukunft keinem normalen 9-to-5 Job mehr nachgehen werden. „Arbeiten werden die Menschen auch in Zukunft. Aber sie werden es vielleicht nicht mehr für Geld tun, und sie werden es vielleicht nicht mehr für eine Firma tun und sie werden es nicht mehr in einem Angestelltenverhältnis tun,“ so Precht.

Eine Oxford-Studie kommt zu einem ähnlichen Ergebnis wie der Philosoph: Nachdem über 700 verschiedene Tätigkeitsfelder untersucht wurden, kommen Wissenschaftler darin zu dem Schluss, dass 47 Prozent der Jobs in den USA in den nächsten 25 Jahren verschwinden werden. Jobs, die sicherer, effizienter und/ oder kostengünstiger von Robotern erledigt werden können, werden schon bald nicht mehr von Menschen verrichtet werden – und damit ist nicht nur der Fließbandarbeiter in der Fabrik gemeint.

Das klassische und wohl meistdiskutierte Beispiel sind selbstfahrende Autos. Auch wenn die laufenden Tests u.a. von Tesla und Google, zeigen, dass autonomes Fahren noch in den Kinderschuhen steckt, so lässt sich doch erkennen, dass es im Bereich Mobilität in Zukunft starke Veränderungen geben wird. Autonom fahrende Autos werden weniger Unfälle verursachen. Um den Verkehr effektiv sicherer zu machen, müssen dann aber alle menschlich gesteuerten Fahrzeuge von der Straße verschwinden. Keine PKWs mehr, keine Taxis, keine Busse oder LKWs, die von Menschen gesteuert werden, da diese das Zusammenspiel der autonomen Mobile behindern würden.

Millionen Arbeitsplätze von Taxi-, Bus- und LKW-Fahrern werden verschwinden. Viele Kinder von heute werden vermutlich nie einen Führerschein machen. Wozu auch, wenn es doch ein ausgeklügeltes System von selbstfahrenden Bussen, Bahnen und Autos gibt? An der Universität Wageningen in den Niederlanden gibt es bereits einen Pendelverkehr mit autonomen Minibussen zwischen Wageningen und der Nachbarstadt Ede. Zehn Kilometer legen die sog. WEPods mit 25 km/h zwischen den zwei Städten mehrfach täglich zurück.

Ebenso sieht es im Verkehr weit über der Straße aus: Schon heute wird ein normaler Flug zum Großteil per Autopilot zurückgelegt. In zehn Jahren, so Precht, wird kein einziger Pilot mehr ein Flugzeug fliegen. Bei weltweit über 100.000 Flügen pro Tag wird es sich auch hier als sicherer erweisen, auf die Technik statt den Menschen zu vertrauen.

Wer geht heute noch zur Bank, um eine Überweisung zu machen? Wo buchen Menschen unter 60 Jahren ihre Reisen? Nicht in der Filiale. Aber nicht nur Bank-Angestellte und Reisekauffrauen müssen um ihre Arbeitsplätze bangen. Auch Ärzte, Anwälte und Finanz-Experten sind laut der Oxford-Studie vor Konkurrenz aus der digitalen Welt nicht gefeit – und das nicht nur in Form von Robotern sondern vor allem aus dem Bereich Big Data. Computer werden schon bald in der Lage sein, Datensätze miteinander zu vergleichen und daraus präzise Investitions-Entscheidungen oder Diagnosen zu ermitteln – besser und schneller als ihre menschlichen, fehlbaren Pendants.

Welche Jobs werden aber durch die Technik bereichert und nicht verdrängt? Welche neuen Jobs entstehen durch die digitalen Veränderungen? Auch hier gibt es erste Beispiele. So hat Microsoft im letzten Jahr seine HoloLens-Brille vorgestellt: eine Augmented Reality-Brille (im Gegensatz zur VR-Brille), die bereits in der Aufzugstechnologie von thyssenkrupp und der Flugzeugswartungs-Technologie von Airbus eingesetzt wird. Technikern und Monteuren kann so der komplette mechanische Aufbau eines spezifischen Modells auf die Brillengläser projiziert werden – oder die Historie der häufigsten Probleme dieser individuellen Maschine, wann die letzte Wartung war etc.

Reparatur, Wartung und Überwachung von sich autonom bewegenden Maschinen und Fahrzeugen wird wohl auch in Zukunft weiterhin von Menschen vorgenommen. Auch das Erforschen und Entwickeln der Technologien, die wir in 20, 50 oder 100 Jahren einsetzen, wird weiter von Menschenhand – und -gehirn – passieren. Ingenieure, Software-Entwickler und Wissenschaftler werden wir auch dann noch brauchen. Denn die autonomen Autos und selbstfliegenden Flugzeuge müssen konzipiert und weiterentwickelt werden.

Generell werden Branchen, die die neuen Technologien nicht als Bedrohung sehen, sondern sie zur Optimierung der Arbeit einsetzen, bessere Überlebenschancen haben. So könnten Mediziner sich durch Big Data bei Diagnosen unterstützen oder Operationen teilweise automatisiert durchführen lassen. Doch auch ganz neue Jobprofile, die es heute noch nicht gibt, werden durch die Zukunftstechnologien entstehen. Unsere Kinder werden vielleicht keinen Führerschein mehr machen – aber vielleicht werden sie als Virtual Habitat Designer künstliche Welten zu Therapiezwecken entwickeln oder? Oder die ersten Menschen als Space Tour Guide im Weltall begleiten?

Neben den Jobs, die sich direkt mit der zukünftigen Technologie beschäftigen, wird es andere Arbeitsfelder geben: Sowohl Richard David Precht als auch die Oxford-Studie kommen zu dem Schluss, dass sich die menschliche Arbeitswelt hin zu den Jobs entwickeln wird, in denen kreative und soziale Intelligenz gefragt ist. Es ist (vorerst) nicht abzusehen, dass wir unsere Kinder von Kindergärtner- und Lehrer-Robotern erziehen lassen oder Filme und Musik automatisiert produzieren werden (auch wenn es hier erste Ansätze gibt). In den nächsten zehn Jahren wird die Nachfrage nach Pflegepersonal für alte Menschen aufgrund der immer älter werden Gesellschaft stark ansteigen.

Doch reichen diese weiterhin gebrauchten und neuen Jobs aus, um eine größtenteils berufstätige Gesellschaft zu erhalten oder gipfelt die Veränderung der Arbeitswelt in einer hohen Arbeitslosenquote sowie enormer Konkurrenz um die wenigen begehrten Stellen? Precht geht von der letzterer Variante aus. Das “Ende” bedeute dies jedoch nicht. Ihm zufolge werden viele Staaten ein bedingungsloses Grundeinkommen einführen um zu verhindern dass soziale Unruhen ausbrechen und die Kaufkraft sinkt. In etwas entfernterer Zukunft – der Philosoph spricht von 20-30 Jahren – könnte das dazu führen, dass der Großteil der Bevölkerung keiner Lohnarbeit mehr nachgeht und sich stattdessen andere Entfaltungsmöglichkeiten sucht. Als Vorhut dieser Entwicklung sieht er die Millennials, die bereits heute mehr Wert auf ihre Freizeit und die Work-Life-Balance legen.

Wie werden sich Digitalisierung und Automatisierung eurer Ansicht nach auf die zukünftige Arbeitswelt auswirken? Wir freuen uns auf eure Meinungen im Kommentarfeld unter dem Beitrag.