Quirlig und mit Lust am Gestalten: Christian Cordes, Veranstalter der Cowork 2014, im Interview

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Vom 7.-9. Februar findet in Wolfsburg die Cowork 2014, die dritte Coworking-Konferenz Deutschland, statt. Wir sprachen mit Christian Cordes, einem der Veranstalter und Betreiber des Wolfsburger Coworking Spaces Schiller 40, über die Konferenz sowie den Stand der Dinge und die Zukunft von Coworking in Deutschland.

Eine bundesweite Coworking-Konferenz. Wie kam es dazu?
Die Idee entstand vor vier Jahren. Betreiber von Coworking Spaces und Leute, die sich für das Thema interessieren, dachten sich, dass es Sinn machen würde, sich regelmäßig auf Bundesebene zu treffen und auszutauschen. Los ging es mit einem Barcamp in Wuppertal und seitdem wird der Staffelstab rumgereicht.

Warum nun Wolfsburg?
Wir haben uns angeboten, da wir Lust, Zeit und die Kapazitäten hatten, die Konferenz zu organisieren und durchzuführen. Wir haben den Zuschlag bekommen und freuen uns drauf, dass es morgen losgeht.

Wie hat sich die Konferenz entwickelt?
Aus den ersten beiden Treffen in Wuppertal und Duisbug, damals noch unter dem Namen Coworking Barcamp Deutschland, hat sich in diesem Jahr eine richtige Konferenz entwickelt. Das „klassische“ Modul Barcamp bildet zwar noch das Herz der Cowork, wurde aber um eine Key Note, Vorträge, Podiumsdiskussionen und Kulturveranstaltungen erweitert.

Was genau erwartet die Teilnehmer?
Am Freitag wird zum Beispiel die aktuelle Coworking-Studie vorgestellt. Es wird einen Vortrag zum Thema Zukunft der Arbeit geben, in dem das Thema aus wissenschaftlicher Sicht betrachtet wird. Oder etwa eine Lesung zur New Business Order: Da geht es darum, wie Start-ups die Gesellschaft verändern, um Inkubatoren und kreative Leistungszentren. Das Barcamp am Samstag bleibt der Gestaltung der Teilnehmer überlassen, die hier die Themen selbst entwickeln. Da geben wir keine Themenschwerpunkte vor, sondern stellen nur den Raum zur Verfügung.

An wen richtet sich die Cowork?
Vor allem natürlich an Betreiber von Coworking Spaces, aber auch an Menschen, die sich einfach für das Thema interessieren, also die Coworker selbst. Das sind vor allem Freelancer. Mittlerweile kommen viele Teilnehmer aber auch aus dem Hochschulkontext, wo sie sich mit dem Thema „Zukunft der Arbeit“ beschäftigen. Wie etwa der Stadt als Campus e.V., der Kommunen, Hochschulen und Institutionen bei Projekten und Strategien zur aktivierenden Stadtentwicklung berät. Da geht es dann beispielsweise um die Frage, was Städte brauchen, um kreatives Potenzial zu entwickeln, um Leerstandsmanagement und dergleichen. Dadurch ist quasi eine zweite Besucherebene dazugekommen, die aus den Themenfeldern Regional- und Stadtplanung, aus Wirtschaftsförderung, Kultur- und Kreativwirtschaft kommt.

Schauen wir mal eine Ebene höher: Wo steht das Coworking in Deutschland?
Es gibt Professionalisierung- und Ausdifferenzierungs-Tendenzen. So wird zum Beispiel über die Gründung eines Bundesverbandes nachgedacht, um eine deutschlandweite Interessenvertretung zu haben. Coworking ist ja kein geschützter Begriff. Überspitzt gesagt, nennt sich jede zweite Bürogemeinschaft, die einen freien Schreibtisch hat, Coworking Space. Da stellt sich dann immer die Frage, was eigentlich dahinter steckt. Wir würden hier gerne für einen gewissen Qualitätsstandard sorgen und verhindern, dass der Begriff Coworking, der ja eigentlich eine Bewegung ist, total zerfleddert.

Mittlerweile gibt es zudem ganz unterschiedliche Betreiber- und Finanzierungsmodelle von Coworking Spaces. Unser Space in Wolfsburg ist zum Beispiel kommunal gefördert, ist also quasi komplett über die öffentliche Hand finanziert. Auch hier kommt gerade Bewegung rein.

Darüber hinaus streben die Spaces nach weiteren Handlungsfeldern. Neben der reinen Schreibtischvermietung rückt der Fokus immer mehr auf Themen wie 3D-Druck oder das Anbieten von Produktionsräumen und Flächen für Events, um weitere Zielgruppen zu erschließen.

Apropos Zielgruppe: Wie sieht denn die typische Coworking-Space-Nutzung aus? Ist die eher sporadisch, projektbezogen oder habt ihr auch „Dauermieter“?
Ganz unterschiedlich. Viele sehen das aber tatsächlich als Dauerlösung, weil sie die Gemeinschaft eines Coworking Spaces schätzen. Andere arbeiten nur projektbezogen in der Stadt und suchen temporären Raum und wieder andere tauschen zweimal die Woche das Home Office gegen den Coworking Space ein, um auch mal rauszukommen und den Schlafanzug als Arbeitskleidung abzulegen. Bei uns im Space machen die „Dauerbucher“ aber bestimmt 60 Prozent aus.

Und was sucht der typische Coworker bei euch? Die Gemeinschaft oder doch eher die technologische Infrastruktur?
Der Bereich Vernetzung und Austausch – und damit auch Inspiration – macht meiner Meinung nach schon den größeren Anreiz aus. Ich schätze für zwei Drittel unserer Kunden überwiegt das. Für die anderen ist eher der technische Aspekt ausschlaggebend. Das fängt beim Kundengespräch an, das ich ungern in meiner Küche abhalten will und für das ich eventuell einen vernünftigen Beamer oder eine Conferencing-Lösung brauche, und geht über den Highspeed-Internetzugang, der gerade außerhalb von Großstädten noch keine Selbstverständlichkeit im Home Office ist, weiter bis zum teuren 3D-Drucker, den sich wohl die wenigsten freischaffenden Architekten privat zulegen wollen. Vereinfacht wird das Ganze heutzutage natürlich durch Cloud Computing und ähnliches, das flexibles und mobiles Arbeiten enorm erleichtert bzw. überhaupt erst ermöglicht.

Flexible Arbeitsmodelle sind heute auch für viele größere Unternehmen ein Thema. Schicken die auch mal Teams ins Coworking Space, um vielleicht die Perspektive zu wechseln oder schlicht zu netzwerken? Oder kommen doch eher Einzelkämpfer und Startups zu euch?
Nein, wir haben auch Unternehmen hier. Wir hatten erst kürzlich ein Viererteam eines weltweit agierenden Unternehmens zu Gast, das sich für fünf Monate eingemietet hat. Die haben sich ganz bewusst für ein Coworking Space entschieden. Aber natürlich haben wir viele Freelancer hier. Für viele ist es schon von der Motivation her einfach etwas Anderes, sich ins Coworking Space aufzumachen, als alleine am Schreib- oder Küchentisch zu sitzen.

Wie siehst du die Zukunft des Coworking?
Ich glaube, dass das Thema an Bedeutung gewinnen, dass der Bedarf an F.A.T. Labs, an kreativen Orten und funktionsorientierten Räumen auf Zeit steigen wird. Und das nicht nur in der Großstadt, sondern auch in ländlicheren Gegenden. Hier müssen natürlich alternative Konzepte erdacht werden, eventuell in Form temporärer Lösungen. Wir haben mal die Vision entwickelt, Coworking Spaces in Überseecontainer zu packen und auf Marktplätzen aufzustellen. Wenn der Bedarf vor Ort dann abgefrühstückt ist, kommen die Container wieder auf den LKW und werden zum nächsten Ort gebracht. Die Coworking-Szene ist auf jeden Fall sehr quirlig und hat Lust am Gestalten und daran, neue Felder aufzutun. Wir sind noch lange nicht am Ende.

Ganz zum Schluss: Gibt es noch Karten für die Cowork?
Ein paar sind noch da. Allerdings nur noch vor Ort. Am besten meldet man sich vorher noch mal telefonisch bei uns, um auf Nummer sicher zu gehen.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg und Spaß bei der Konferenz.