New Ways of Smarter Working

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Gastbeitrag von Prof. Dr. Wilhelm Bauer, Fraunhofer IAO

Unsere Arbeitswelt verändert sich dramatisch und nachhaltig. Die Strukturen, in denen wir agieren, die Arbeitsorte und die Arbeitszeit sind immer weniger stabil. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sind wesentliche Anforderungen unserer Zeit. Im Zuge der fortschreitenden Globalisierung der Wertschöpfung und der Kunden-märkte, der Vernetzung über Wertschöpfungsketten hinweg und der Zusammenarbeit sogar mit Wettbewerbern werden die Prozesse immer dynamischer. Außerdem nimmt die Volatilität der Märkte zu.

Dieser Trend gilt in mehrfacher Hinsicht auch für unsere Büroarbeit – besser gesagt für die Wissensarbeit. Einerseits wächst die Arbeit über die Bürogebäude hinaus: Wir arbeiten dank W-LAN und UMTS (Mobilfunkstandard, dritte Generation) im Auto, in der Bahn und im Flugzeug, und bald sogar mit dem noch viel schnelleren LTE („Long Term Evolution“; Mobilfunkstandard, vierte Generation). Dank „Access-Points“ arbeiten wir auch am Bahnhof, am Flughafen und im Café. Wir arbeiten bei Kunden und Zulieferern oder zuhause mit VPN („Virtual Private Network“). Dies alles ist für immer mehr Menschen längst normal. Überhaupt ist zu sagen, dass Kommunikation und Kollaboration, also Zusammenarbeit, die wichtigsten Elemente reibungsloser, schneller moderner Arbeit sind, und zwar sowohl in der Sachbearbeitung als auch in der Projekt- und Teamarbeit, die schon lange nicht mehr nur eine Management-Aufgabe ist, sondern an alle Mitarbeiter in einem Unternehmen adressiert ist. Hinzu kommt, dass immer mehr von ihnen aus verschiedensten Gründen zumindest zeitweise zuhause arbeiten wollen, weil sie Anfahrtswege vermeiden wollen, Kinder betreuen oder Angehörige pflegen.

Andererseits wird die Arbeit auch im Büro flexibler und mobiler. Hier arbeiten die Menschen heute an mehreren Orten: Am eigenen Platz, im Meeting-Raum, im Projektraum, am Meeting-Point oder in der Cafeteria. Wireless-LAN, Notebook, Pad-Computer und Smartphone schaffen die Voraussetzungen, und zwar in vielen Un¬ternehmen neuerdings mit System: Desk-Sharing und non-territoriale Arbeitsformen nehmen zu. Das Büro wird mobil!

Dabei gibt es den für jede Aufgabe und für jede Tätigkeit idealen Raum sicher nicht. Was wir brauchen, sind Büros, die diverse Arbeitsanforderungen bewältigen. Dies könnte ein „Multispace Office“ sein, also eine Lösung, die verschiedene Räume bzw. Raumzonen mit verschiedenen Arbeitsplätzen konfiguriert, wobei sich jeder Mitarbeiter „on-demand“ aussuchen könnte, welchen Arbeitsplatz er jeweils braucht. Dabei geht es um die Überwindung des Zellenbüros und des Großraumbüros unserer Tage. Gemeint ist ein Zwischending, das die spezifischen Vorteile der beiden Konzepte vereint und in einer neuen Konfiguration zusammenbringt, und zwar in Form beruhigter Arbeitszonen mit optisch transparenten, akustisch aber abgetrennten Einzelbüros sowie mit akustisch gut ausgestatteten Teamzonen in nutzungsangepasster Mischung. Diese Zonen werden um Projekträume zur temporären und dauerhaften Nutzung ergänzt, durch „Workbenches“, die eine kurzzeitige Nutzung von Arbeitsplätzen erlauben, durch „Silentrooms“ für zeitweilig ungestörtes Arbeiten und wichtige Telefonate. Zur Verbesserung der internen Kommunikation sollten für die Mitarbeiter informelle Zonen, etwa „Chill out-Zones“, „Lounges“ oder „Touch downs“, in das Gebäude integriert werden. So können Themen und Probleme ad-hoc besprochen und gelöst werden. Niemand muss dann mehr auf die Anberaumung eines Meetings warten.

Eine besonders leistungsfähige IT-Infrastruktur unterstützt die moderne, flexible Arbeitsweise oder macht sie sogar eigentlich erst möglich: Laptops, dort, wo notwendig, Desktops mit „Single Login“, ein Wireless-LAN in den Büro-Bereichen und in den zentralen Bereichen, Voice-over-IP Telefonie (Telefonieren über Computernetzwerke via Internet) sowie mobile Arbeitslösungen mit 3G (und bald 4G)-Anbindung heißen die wesentlichen Elemente. Besondere Bedeutung kommt dabei der Sprachkommunikation zu und auch Video-Anwendungen sind im Business im Kommen. Leistungsfähige Sprachsysteme, die Nutzung von Headsets und Earphones sind dann eine ganz wesentliche Voraussetzung für performantes Arbeiten.

Das Anspruchsempfinden unserer Beschäftigten ist heute viel höher als früher. Das knapper werdende Angebot an qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern lässt die Menschen selbstbewusster werden und ihre Interessen im Unternehmen deutlicher anmelden. Dies gilt noch nicht einmal so sehr für die monetären Belange als mehr für die Arbeitsumstände. So hat eine kürzlich durchgeführte Umfrage unter deutschen Arbeitnehmern einen sehr starken Wunsch nach flexiblen Arbeitszeitangeboten und mobilen Arbeitsinfrastrukturen festgestellt. Demnach arbeiteten nur 30 % der Erwerbstätigen bevorzugt im Firmenbüro. 58 % wünschten sich flexiblere Arbeitsbedingungen: 37 % der Berufstätigen würden gern an einigen Tagen der Woche und weitere 20 % sogar täglich zu Hause arbeiten.

Ein weiterer Trend in Büros ist mit dem Begriff „Bring your own Device“ zu umschreiben. Hierbei geht es um den Wunsch nach mehr Individualität und Selbstbestimmung in der Wahl der Arbeitsmittel. Unternehmen gehen dazu über, ihren Mitarbeitern frei zu stellen, ob sie ihre eigenen Smartphones, Pad-Computer oder Notebooks für die Arbeit verwenden. Einige Unternehmen fördern diesen Prozess so¬gar mit Geldbeträgen, die sie ihren Mitarbeitern für Beschaffungszwecke zur Verfügung stellen. Dies alles führt zu mehr Selbstverantwortlichkeit, zu mehr Eigenengagement, aber auch zu mehr Zufriedenheit. Die Mitarbeiter scheinen sich getreu des Grundsatzes zu verhalten „Es ist mein Ding, also kümmere mich darum und darum macht es mir Freude damit zu arbeiten“.

Der Autor
Prof. Dr.-Ing. Wilhelm Bauer ist Institutsdirektor und stv. Institutsleiter, Leiter Geschäftsfeld Unternehmensentwicklung und Arbeitsgestaltung am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO und Institut für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement IAT der Universität Stuttgart, Stuttgart.

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