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Smarter Working in der „4+1“-Woche: Warum Wissensarbeit Autonomie braucht

CC by Pedrosimoes7

So langsam dämmert es den Unternehmen auf breiter Front: Es gibt einen kardinalen Unterschied zwischen der heute geforderten Wissens-, Innovations- und Kreativarbeit und allen herkömmlichen, industriell gefärbten Büroarbeiten. Neue Lösungen, Ideen, Konzepte entstehen nicht innerhalb fester Arbeitszeiten am Büroschreibtisch. Sie erfordern ein Klima geistiger Autonomie, das sich im herkömmlichen Modell der hierarchischen und durchkontrollierten Arbeitsorganisation gar nicht verwirklichen lässt.

Das belegen zahlreiche Stimmen der in dieser Woche in Köln veranstalteten HR-Messe „Zukunft Personal“. Jörg Sattelberger, Personalvorstand der Deutschen Telekom, bringt es so auf den Punkt: „Braucht diese neue Ära der Wissensarbeit eine andere Qualität der Souveränität der Mitarbeiter?“ Und für Dr. Richard Straub, IBM Director E-Learning EMEA und Mitorganisator des Kölner Fach-Kongresses „Professional Learning Europe“, heißt die Leitfrage: „Wie weit sind wir bereit, auf Managementkontrolle zu verzichten? Und wie weit trauen wir den Wissensarbeitern zu, eigenständig zu agieren?“

Die „4+1“-Woche
Wie weit die Autonomie schon heute gehen kann, zeigt indes das Beispiel der itemis AG aus Nordrhein-Westfalen. Der Software-Entwickler aus Lünen bei Dortmund hat für seine Mitarbeiter das Arbeitsmodell „4+1“ eingeführt und damit die Jury des Deutschen Personalwirtschaftspreises überzeugt. Bei itemis arbeiten die Leute 4 Tage direkt für Kundenprojekte. Ein fünfter, bezahlter Arbeitstag steht ihnen komplett zur „freien Fortbildung“ zur Verfügung.

itemis formuliert das so: „Das »4+1-Arbeitszeitmodell« stellt sich der Herausforderung, Zeit für die kontinuierliche Weiterbildung der Mitarbeiter zu finden. Bei itemis bietet das Arbeitsplatzmodell zeitlich, räumlich und organisatorisch größtmögliche Flexibilität, um Weiterbildung und Wissensaustausch im Unternehmen zu fördern. So hat jeder Mitarbeiter pro Arbeitswoche einen vertraglich zugesicherten Tag für die persönliche Weiterentwicklung. Dabei bestimmen ausschließlich die Mitarbeiter, was Weiterbildung ist und was nicht. Letztlich behält sich der Arbeitgeber lediglich ein Vetorecht vor, von dem allerdings noch kein Gebrauch gemacht werden musste.“

Zu den zahlreichen Formen der Lernarbeit zählen bei itemis u.a. Studiengruppen zu neuen Technologien, Englischunterricht, das Schreiben von Büchern und Fachtexten sowie weitere Schulungsprogramme für neue Mitarbeiter. Daneben gibt es aber auch Sportangebote wie Schwimmen, Golf oder eine Rückenschule.

Lernen als „strategische Funktion“
In der Tat ist die Einpassung des „lebenslangen Lernens“ in den laufenden Arbeitsalltag heute das weithin ungelöste Problem der Arbeitsorganisation. Noch einmal Dr. Straub: „Viele Betriebe sind sich noch nicht im Klaren über die strategische Bedeutung des Lernens. Sie reiten oft noch auf der Traditionswelle Education und Training, in dem Sinne, dass sie ein Schulungscenter haben und ihre Mitarbeiter immer mal wieder dahin schicken. Aber Lernen als strategische Funktion zu begreifen und sie in allen wesentlichen Unternehmensentwicklungen einzubeziehen – das ist der Knackpunkt.“

Learning by Doing am Arbeitsplatz hat sicherlich seine Berechtigung. Aber unverzichtbar ist heute das „Learning by Thinking“. Und das braucht vor allem immer wieder den Abstand zur unmittelbaren Job-Praxis. Flexible Leistungsmodelle mit freier Zeit- und Ortswahl – kurz: Smarter Working – ist dafür unverzichtbar, auch wenn viele Unternehmen auf die neue Mitarbeiterautonomie noch nicht ernsthaft vorbereitet sind.

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