Recruiting 2.0: Employer Branding für Millennials

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Im "War for Talents" werden digitale Kanäle immer wichtiger - Saulo Mohana/Unsplash

In den USA macht laut einer Studie seit kurzem die Altersgruppe der sogenannten Millennials den größten Teil der arbeitenden Bevölkerung aus. Als Millennials wurden in der Studie alle Menschen, die nach 1980 geboren wurden, die also um die Jahrtausendwende sozialisiert wurden und in den Arbeitsmarkt eingetreten sind, betrachtet.

Digitales Employer Branding gewinnt an Bedeutung

Diese jungen Menschen sind nicht nur in einer digitalen Welt mit Internet, Smartphones, Blogs und sozialen Medien aufgewachsen, sie nutzen diese auch als ihre hauptsächlichen oder gar ausschließlichen Informationsquellen.
Unternehmen, bei denen das Personalmarketing sich bisher auf die Vergabe von Trainee- oder Praktikumsstellen und die Präsenz auf Messen beschränkt, müssen umdenken. Um die jungen Talente zu erreichen und für sich zu gewinnen, muss das Unternehmen als attraktiver Arbeitgeber im Bewusstsein präsent sein. Dazu reichen Flyer und Info-Broschüren nicht mehr aus – ein umfassendes digitales Auftreten als Marke, die aktiv an die Zielgruppe kommuniziert, ist gefragt.

Employer Branding ist hier das Stichwort. Der Begriff kam Ende der Neunzigerjahre zum ersten Mal auf – mit dem Beginn der weltweiten Digitalisierung und der Verbreitung des Internets. Gemeint ist damit die Positionierung eines Arbeitgebers als Marke: Wie jeder Softdrink oder Auto-Hersteller kann sich ein Unternehmen mit ganz klaren Attributen und Eigenschaften auf dem (Arbeits-)Markt positionieren. Dabei helfen der Messestand oder die ausgeschriebenen Traineestellen nur bedingt – die digitalen Medien dafür umso mehr.

Die erste große Employer-Branding-Kampagne in Deutschland startete im Jahr 2006 die Lufthansa. Über verschiedene, auch nicht-digitale, Werbemaßnahmen (Anzeigen in Zeitschriften, Plakatierung in S- und U-Bahnhöfen der Lufthansa-Städte München und Frankfurt) wurden Interessenten auf die eigens eingerichtete Website www.be-lufthansa.com geleitet, wo sie sich ausführlich über eine Karriere bei der Fluggesellschaft informieren konnten. Es war das erste Mal, dass ein Unternehmen dem Thema Recruiting und Karriere eine eigenständige Website widmete.

Soziale Netzwerke laufen Karriere-Websiten den Rang ab

Seitdem sind zehn Jahre vergangen. Zehn Jahre, in denen die sozialen Netzwerke ihren Siegeszug vorangetrieben haben, auch im Bezug auf Employer Branding und Recruiting. Laut einer Jobvite-Studie aus dem vergangenen Jahr haben die sozialen Netzwerke der Karriere-Website mittlerweile den Rang abgelaufen: Sie sind das Top-Employer-Branding-Medium Nummer 1, mit LinkedIn an der Spitze, gefolgt von Facebook und Twitter. Doch auch die jüngsten Social Apps wie Snapchat oder Periscope werden bereits von Recruitern eingesetzt, um ein Unternehmen für Talente attraktiv erscheinen zu lassen. Während LinkedIn (und in Deutschland Xing) eher zum Recherchieren und Anschreiben potenzieller Kandidaten genutzt wird, wird auf Facebook und Twitter Employer Branding betrieben.

Grafik: Jobvite / Social Recruiting Survey Results 2014
Grafik: Jobvite / Social Recruiting Survey Results 2014

Insbesondere Facebook eignet sich dafür, da Unternehmen hier eine eigene Career Page einrichten können. Doch mit dem Einrichten allein ist es nicht getan – eine Facebook-Seite muss dauerhaft und kontinuierlich mit passenden, spannenden Inhalten für potenzielle Kandidaten bespielt werden. Wie das aussehen kann, macht der Computerhersteller Dell vor. Neben Einblicken in das Leben der Mitarbeiter, sei es in Deutschland oder Indien, Tipps für Video-Vorstellungsgespräche oder intimen Portraits von Dell-Angestellten, können Interessenten aktuelle Praktikanten über Facebook anschreiben und sie zu ihren Erfahrungen befragen.

Den Praktikanten gleich komplett das Zepter in die Hand zu geben (zumindest für einen gewissen Zeitraum) um somit ein authentisches Erleben des Unternehmens nach außen zu spiegeln, versucht Unilever auf seiner Facebook Career-Seite: Praktikanten bekommen ein Smartphone samt Selfie-Stick in die Hand gedrückt und interviewen sich gegenseitig.

Die Allianz ging dieses Jahr zum Ausbildungsstart sogar so weit, den ersten Tag der neuen Azubis live mit Snapchat zu begleiten. Jeder, der dem Account allianz_moments folgte, war am 1. September live dabei und konnte sich ein sehr persönliches Bild davon machen, wie eine Ausbildung bei der Allianz aussehen könnte.

Außerdem eignen sich die sozialen Netzwerke für Unternehmen hervorragend, um nach außen zu präsentieren, welche besonderen Initiativen z.B. zur Frauenförderung (hier am Beispiel AT&T), zum Umgang mit Transgender-Mitarbeitern (Thyssenkrupp) oder zum Einstellen von Autisten (Microsoft) sie ins Leben gerufen haben. Das ist nicht nur interessant für die Betroffenen dieser Gruppen, sondern spiegelt auch für andere Interessenten die Firmenkultur und das Wertesystem eines Unternehmens wider.

Durch den eher persönlichen, emotionalen Ton, der auf sozialen Medien herrscht, lassen sich diese Themen hier viel authentischer kommunizieren als über trockene Pressemitteilungen. Und zusätzlich ist, da im Kern der sozialen Medien verankert, immer ein Dialog möglich: Nutzer können auf alle Inhalte reagieren, sie kommentieren und weiterteilen.

Ein Unternehmen, das schon mehrfach aufgrund seiner außergewöhnlichen, digitalen Recruiting-Strategie auf sich aufmerksam machte, ist der Bier-Hersteller Heineken. Das niederländische Unternehmen hat gerade die Karriere-Seite neu erfunden: Mittels eines aufwendig produzierten, interaktiven Films wird der Nutzer durch ein virtuelles Jobinterview geführt, bei dem er Fragen in nur 3 bzw. 5 Sekunden beantworten muss. Am Ende bekommt er ein ausführliches Ergebnis, mit dem er sich dann tatsächlich bei Heineken bewerben kann.

Digitale Recruiting-Strategien dieser Art sprechen die Digital Natives der Millennial-Generation perfekt an. Angesichts der neuen Möglichkeiten dieser Art der interaktiven Kommunikation und den beinahe monatlich neu aufkommenden Netzwerken und Apps dürfen wir gespannt sein, wie die sozialen Medien die Themen Employer Branding und Recruiting weiter gestalten und vorantreiben werden.
Was zum heutigen Zeitpunkt schon festgehalten werden kann, ist, dass sie es Kandidaten in Zukunft immer einfacher machen werden, das richtige Unternehmen für sich zu finden – und dass auf der anderen Seite Arbeitgeber, die nicht in interaktives Employer Branding und Recruiting über die sozialen Netzwerke investieren, beim Kampf um die jungen Talente verlieren werden.