Wooga im Interview: Feel-Good ohne Feel-Good-Manager

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Feel-Good-Atmo über den Dächern Berlins / © Wooga

Im letzten Teil unserer Interviewreihe zum Thema Feel-Good-Management 2.0 erklärt uns Vera Termühlen, Head of HR in der Berliner Gaming-Schmiede Wooga, weshalb man für eine Feel-Good-Strategie nicht unbedingt einen Feel-Good-Manager braucht. Worauf es ihrer Meinung nach viel eher ankommt, um alle Mitarbeiter möglichst mit einem Lächeln zur Arbeit kommen zu lassen, was den Ansatz von Wooga besonders macht und wieso Teile der Personalabteilung plötzlich als Wedding Planner fungierten, erfahrt ihr im folgenden Interview.

Im Interview: Vera Termühlen, Head of HR bei Wooga

Im Interview: Vera Termühlen, Head of HR bei Wooga
Im Interview: Vera Termühlen, Head of HR bei Wooga. © Wooga

Im Gegensatz zu den drei anderen Cases, die wir bisher auf smartworkers vorgestellt haben, gibt es bei Wooga keinen wirklichen Feel-Good-Manager. Woran liegt das und wo ist das Thema Feel-Good-Management bei Wooga organisatorisch angesiedelt?

In der Tat haben wir bei Wooga keinen Feel-Good-Manager im engeren Sinne. Wir sehen das Thema vielmehr als Teil unserer gesamten Unternehmenskultur. Das heißt, dass es allen Mitarbeitern gut gehen soll – und hierzu einen Teil beizutragen, ist Aufgabe unseres gesamten Netzwerks, von allen Mitarbeitern.

Wir stören uns am weitläufigen Verständnis von Feel-Good-Management, wie man es auch häufig in der Presse liest. Oftmals bekommt man beinahe den Eindruck, dass eine Person alleine dafür zuständig sein kann, dass in einem Unternehmen alles gut läuft. Für uns steckt jedoch viel mehr dahinter.

Welche Rolle spielt das Thema Feel-Good-Management bei Wooga dennoch im Arbeitsalltag?

Praktisch äußert sich das zum Beispiel beim Recruiting internationaler Mitarbeiter, was gerade in der Games-Branche aber auch nichts wirklich Neues ist. Wir legen großen Wert auf das Onboarding neuer Kollegen. In diesem Bereich gehen wir weit über das hinaus, was man von anderen Unternehmen kennt.

Onboarding bedeutet bei uns nicht nur, neue Mitarbeiter nach dem Recruiting erfolgreich bei Wooga zu integrieren. Wir verfolgen vielmehr das Ziel, dass sich die neuen Kollegen samt ihrem sozialen Umfeld gut in Berlin einleben, und unterstützen sie daher bei der Wohnungssuche, der Wahl der richtigen Kita, bei Amtsangelegenheiten und weiteren bürokratischen Hürden.

Was macht euren Ansatz besonders?

Wir legen sehr großen Wert darauf, dass alle Mitarbeiter wirklich das bekommen, was sie zum Arbeiten benötigen, und das unter für sie persönlich optimalen Bedingungen. Wie man sich vorstellen kann, können das bei über 300 Mitarbeitern sehr unterschiedliche Bedürfnisse sein, auf die wir jedoch jeweils ganz individuell eingehen.

Zum erfolgreichen Onboarding gehören für Wooga natürlich auch interne Deutschkurse für internationale Mitarbeiter.
Zum erfolgreichen Onboarding gehören für Wooga natürlich auch interne Deutschkurse für internationale Mitarbeiter. © Wooga

Welche konkreten Ziele verfolgt ihr mit eurer Feel-Good-Strategie?

Wir wollen erstens die für Wooga besten Leute gewinnen, sie zweitens erfolgreich integrieren und drittens natürlich erreichen, dass sie sich auf lange Sicht bei uns und in Berlin wohlfühlen und bei Wooga bleiben.

Wie wichtig ist es, trotz aller Büro-Benefits die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit der Mitarbeiter zu respektieren? Wie setzt ihr diese Grenzen?

Zuallererst setzen nicht wir diese Grenzen, sondern jeder Mitarbeiter für sich persönlich. Natürlich bieten wir außerhalb der Arbeitszeiten unterschiedliche Aktivitäten im sportlichen, kulinarischen und kulturellen Bereich an. Niemand aber ist verpflichtet, daran teilzunehmen, und es wird auch niemand böse angeschaut, wenn er sich nach Feierabend lieber anderweitig beschäftigt oder sich einfach um seine Familie kümmert.

Gerade von unseren internationalen Mitarbeitern werden die Feierabend-Angebote aber sehr gerne wahrgenommen, weil sie dadurch natürlich auch Berlin und ihre Kollegen schneller kennenlernen, was für ihre Integration sehr hilfreich ist.

Gibt es eine zentrale „Goldene Regel“ für euer Berufsfeld?

Ich denke für den gesamten HR-Bereich sollte der Fokus immer auf den individuellen Bedürfnissen der Mitarbeiter liegen. Heißt: Der Mitarbeiter steht im Zentrum. Unternehmen sollten sich flexibel auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter einstellen, nicht umgekehrt.

Die individuellen Bedürfnisse jedes Mitarbeiters zu erkennen und zu erfüllen gehört für Vera Termühlen zu den wichtigsten Aufgabe der HR-Abteilung.
Die individuellen Bedürfnisse jedes Mitarbeiters zu erkennen und zu erfüllen gehört für Vera Termühlen zu den wichtigsten HR-Aufgaben. © Wooga

Welches Anliegen eines Mitarbeiters war für dich bisher die größte Herausforderung oder die skurrilste Anfrage?

Es gibt einen Kollegen, der für seinen neuen Job bei Wooga von Kanada nach Berlin gezogen ist. Seine Freundin war für ihn mit nach Berlin gekommen und irgendwann beschlossen sie zu heiraten. Man kann sich sicherlich vorstellen, dass so eine Hochzeitsorganisation neben allen weiteren Dingen, die in einer neuen Stadt warten, ziemlich nervenaufreibend sein kann.

Die HR-Abteilung wurde darauf aufmerksam, als er immer wieder Fragen stellte, die nicht wirklich typisch für den Neustart in Berlin sind. Wir entschlossen uns dann, ihm bei der Hochzeitsplanung unter die Arme zu greifen, die nötigen Dokumente zusammenzustellen und sogar bei der standesamtlichen Trauung zu dolmetschen.

Wie messt ihr den Erfolg eurer Feel-Good-Strategie?

Zunächst einmal müssen wir unsere Strategie hier gegenüber niemand intern verteidigen: Das gesamte Feel-Good-Thema ist fest in der Unternehmenskultur von Wooga verankert – von der Geschäftsführung bis hin zum Praktikanten. Deshalb gibt es hier bei uns auch keinen Rechtfertigungsdruck.

Nichtdestotrotz bedienen wir uns natürlich verschiedener Tools, die jedoch nicht unbedingt revolutionär sind: Es gibt regelmäßige Mitarbeiterumfragen, die immer ein gutes Barometer dafür sind, wie die Stimmung unter den Kollegen aktuell aussieht. Darüber hinaus stehen wir natürlich in engem Kontakt mit möglichst jedem Einzelnen und erfahren so auch über ganz normale Gespräche, was die Kollegen umtreibt.

Ganz schön Woooooga! Einblick in das Berliner Büro der Gaming-Schmiede .
Ganz schön Woooooga! Einblick in das Berliner Büro der Gaming-Schmiede. © Wooga

Orientiert ihr euch an speziellen Coaching-Methoden oder handelt ihr eher aus dem Bauchgefühl heraus?

Ich denke, es ist ein Mix aus beidem. Bei Wooga verfügt jeder Mitarbeiter über ein eigenes Education Budget, um sich mit Hilfe von externen Kursen und Seminaren individuell weiterentwickeln zu können. Im HR-Team nutzen wir dieses Budget natürlich auch, um uns etwa hinsichtlich innovativer Team-Building- oder Coaching-Methoden weiterzubilden. Am Ende geht aber natürlich auch nichts über unsere jahrelange Erfahrung in dem HR-Bereich.

Was macht man eigentlich, wenn man als Mitglied der HR-Abteilung selbst mal einen schlechten Tag erwischt?

Dann machen wir wirklich nichts Anderes als alle anderen auch, wobei natürlich jeder damit unterschiedlich umgeht: Der Eine setzt sich vielleicht in eine stille Ecke, die Nächste geht etwas früher nach Hause oder man spricht einfach mit den anderen Kollegen über das Problem. Es gibt also wirklich keine Differenzierung zwischen HR-Team und allen anderen Mitarbeitern.

Wie wird sich eurer Meinung nach das Berufsfeld des Feel-Good-Managements in den nächsten fünf Jahren entwickeln?

Für die Gaming-Industrie gilt auf jeden Fall, dass wir es mit einem Arbeitnehmermarkt zu tun haben. Das heißt, dass es in der Regel mehr Vakanzen gibt, als Fachpersonal vorhanden ist. Wir glauben, dass sich dieser „war for talents“ in Zukunft noch weiter verstärken wird. Damit steigen natürlich auch die Anforderungen an die Unternehmen, und man muss wachsam bleiben, um talentierte Mitarbeiter nicht nur zu gewinnen, sondern auch zu halten.

Tipp zum Weiterlesen: Die anderen Interviews unserer Serie zum Feel-Good-Management 2.0 sowie weitere Artikel zum Thema könnt ihr hier nachlesen. In nicht allzu langer Zeit fassen wir die wichtigsten Erkenntnisse unserer Gespräche außerdem noch einmal übersichtlich für euch zusammen.